Zum Jahrestag: Zeitzeugen in eigener Sache

Vor einem Jahr sah die Welt noch anders aus. Wir wollten, dass unsere Arbeitsbedingungen endlich besser werden. Deshalb haben wir einen Offenen Brief verfasst und am 21. Januar 2020 den zuständigen Stellen im Bund und in den Ländern Berlin und Brandenburg zukommen lassen.
Viele Verbesserungen haben wir nicht erreicht, aber wir wurden gehört.

Dann kam Corona und tatsächlich hat kaum eine Politikerin oder Politiker vergessen, auf die schwere Lage insbesondere der Soloselbständigen hinzuweisen. So weit, so gut. Oder auch nicht. Denn die Vorstellung, dass dieses Land doch mit HartzIV ein ausreichendes soziales Netz hat, ist auch nach einem Jahr der Stornierungen und Einschränkungen nicht wirklich gebrochen. Die verschiedenen Nothilfen sind genau das: zeitweilige Notbehelfe.

Die sogenannten Überbrückungshilfen sind genau das nicht, was der Name verspricht: das andere Ufer ist noch nicht in Sicht. So werden die Kolleginnen und Kollegen eben doch auf das Jobcenter verwiesen. Eher aus Gründen einer gutbürgerlichen Wertschätzung für Selbständige und Kultur im Allgemeinen ist die Kritik daran noch nicht ganz verstummt. Was dann tatsächlich bei der Antragstellung passiert, welche Unterlagen nötig sind und wie lange es auch hier dauert, das bleibt im Dunkeln. Ebenso bleibt im Dunkeln, wie wir uns auf verschiedenen Wegen still und leise durchwursteln, unsere Reserven plündern und hoffnungsfroh oder besorgt auf die Zahlungsfähigkeit unserer Mitbewohner schauen.

Wie habt Ihr dieses Jahr erlebt? Was hat Euch überrascht? Was hat Euch geholfen? Wo gab es Solidarität? Wo blieb sie aus? Welche neuen Erfahrungen hat dieses Jahr bereitgehalten – welche alten Muster haben sich bestätigt? Schreibt es auf, schickt es an uns – oder antwortet direkt hier oder in den Social Media Kanälen.

Wenn es eine wichtige Erfahrung mit dem Offenen Brief gibt, dann lautet sie: Wenn wir uns nicht selbst melden, hört uns keiner.

Und was wir nicht selbst angehen, passiert nicht. Jeden zweiten Dienstag im Monat treffen wir uns um 19 Uhr, zur Zeit selbstverständlich distanziert und digital. Das nächste Mal also am 9. Februar. Zugangsdaten auf Anfrage.