Netzwerktreffen 9./10. Oktober 2020

„Angemessen sind 65 Euro pro Stunde!“ Bildungsreferent*innen in Museen und Gedenkstätten trafen sich am 09./10. Oktober 2020 und formulierten ihre Forderungen

Auftakt des von der Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt unterstützten Netzwerktreffens der seit 18 Monaten bestehenden Initiative „Geschichte wird gemacht“ war eine Podiumsdiskussion zur aktuellen Situation der freiberuflichen Bildungsreferent*innen in Berlin und Brandenburg. Auf dem Podium im Willi-Münzenberg-Saal des ND-Gebäudes saßen Maja Lasic, die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, sowie Thomas Lutz vom Gedenkstättenreferat der Stiftung Topographie des Terrors gemeinsam mit zwei Vertreterinnen der Initiative, Susanne Rohland und Katharina Zeiher.

Während der Diskussion bezogen sich die Teilnehmer*innen konkret auf den offenen Brief, den die Initiative im Februar dieses Jahres an den Berliner Kultursenator Klaus Lederer, die Brandenburger Kultur- und Wissenschaftsministerin Manja Schüle sowie an Monika Grütters, die Kulturbeauftrage des Bundes, überreicht hatten. Soziale Absicherung, angemessene Honorare verbunden mit einer einheitlichen und transparenten Honorarordnung sowie Planungssicherheit waren Hauptpunkte einer langen Agenda.

Podiumsdiskussion zum Nachschauen

„Realistisch, aber nicht ängstlich.“

Maja Lasic plädierte für eine aktuelle Fokussierung auf ein Kernanliegen, um sich im Zuge der aktuell beginnenden Wahlkampfphase mit einer konkreten Forderung an die Parteien zu wenden. Thomas Lutz erinnerte an die fatalen Einsparungen gerade im pädagogischen Bereich in vielen Gedenkstätten seit 1990.

Eine weitere Problematik ist, dass sich die pädagogische Arbeit in Gedenkstätten und Museen generell den Einstufungs-Kriterien der Kultur-Bürokratie entzieht. So wird man als Freiberufler*in im kultur-pädagogischen Bereich nicht in die Künstlersozialkasse aufgenommen. Susanne Rohland berichtete von einem Gespräch mit Staatssekretär Tobias Dünow vom Brandenburger Kulturministerium über diese Problematik. Eine Antwort steht noch aus. Sebastian Gerhardt aus dem Publikum fasste die Grundstimmung der Initiative am Ende der Diskussion so zusammen: „Realistisch, aber nicht ängstlich.“

 

Am Samstag gab es ganztägig Workshops. Dazu stießen per Videokonferenz auch Teilnehmer*innen, die nicht vor Ort sein konnten. Der Auftakt: „Über Geld spricht man nicht?“ Von wegen! Während die Stundenhonorare für mehrsprachige Akademiker sich zwischen knapp unter 30 und knapp unter 50 Euro bewegen – Vorbereitungszeit und Fortbildung wird „selbstverständlich“ meist nicht vergütet –  braucht es mindestens 65 Euro pro Stunde, um nicht nur zu leben, sondern auch für Krankheit, Alter und Phasen des Nicht-Arbeitens vorsorgen zu können.

Ein weiteres Ärgernis ist die Umsatzsteuer: Bildungsträger – und das sind Museen und Gedenkstätten – führen keine  Umsatzsteuer ab. Ihre freiberuflichen Mitarbeiter*innen können nur hoffen, dass ihr Finanzamt ihre Arbeit als Bildungsarbeit anerkennt und ebenfalls keine Umsatzsteuer verlangt.

Über Geld spricht man nicht?Workshop I zum Nachschauen

Für eine bundesweite Fairgesellschaftung! Workshop II zum Nachschauen

Ohne Struktur keine Kampagne?! Workshop III zum Nachschauen

Geschichte wird gemacht!

In einem Workshop gab es Austausch mit Kolleg*innen aus Bremen, Dachau und Köln über die dortigen Arbeitsbedingungen. Zum Schluss diskutierten die Teilnehmer*innen über strategische Fragen wie Organisation als Verein oder Kooperation mit einer Gewerkschaft oder Forderungen nach einer bundesweit gültigen Honorarordnung. Im nächsten Jahr sind Wahlen. Die kultur- und bildungspolitischen Sprecher*innen der Parteien werden die Forderungen auf den Tisch bekommen, denn: Geschichte wird gemacht!

Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt